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Pflichtmitgliedschaft und Pflichtbeiträge in Berufskammer und bei der IHK

Rechtliche Grundlagen



Berufskammern und Industrie- und Handelskammern sind in Deutschland ein Instrument der Selbstverwaltung und Interessenvertretung ihrer Mitglieder. Vorläufer der Berufskammern und der IHK sind z.B. einfache Zusammenschlüsse in den jeweiligen Berufen, aber auch das Wesen der mittelalterlichen Zünfte.

Neben der Selbstverwaltung und Interessenvertretung bestehen Berufskammern heute vor allem deshalb, weil sie entweder die Zulassung zu bestimmten Berufen in einem nichtstaatlichen Verfahren selbst regeln oder die Qualität im Beruf durch Standards für Aus-, Fort- und Weiterbildung etc. sichern.

Insbesondere im Handwerk und bei den Gewerbetreibenden wird immer wieder Kritik laut, da die Mitgliedschaft in den Kammern gesetzlich als Pflichtmitgliedschaft ausgestaltet ist und ein gewisser Zwang ausgeübt wird. Handwerker oder Gewerbetreibende werden in der Regel Pflichtmitglieder der jeweils zuständigen Kammern, ohne dass ihnen die Mitgliedschaft Vorteile für ihre wirtschaftliche Tätigkeit verschafft. Gleichwohl müssen die Mitglieder durch ihre Pflichtbeiträge die Arbeit und Tätigkeit der Kammern finanzieren.

Was es mit der Pflichtmitgliedschaft und den Pflichtbeiträgen auf sich hat, zeigen wir in diesem Beitrag.

 

Was sind Berufskammern und die IHK?

In Deutschland gibt es verschiedene Kammern als berufsständische Körperschaften. Diese sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie nehmen in unterschiedlicher Ausprägung vor allem die berufsständische Selbstverwaltung und Interessenvertretung wahr.

Je nach Aufgabenzuweisung regeln die berufsständischen Kammern auch die Zulassung zu einem bestimmten Beruf, die Fort- und Weiterbildung in dem jeweiligen Beruf, die Organisation von Zusatzausbildungen oder die Abnahme von Prüfungen. Meist haben die Kammern aber auch die Befugnis, ihre Mitglieder zu rügen, ihnen die Zulassung zu entziehen oder sie von der Berufsausübung für einen gewissen Zeitraum auszuschließen.

Der Umfang der Aufgaben hängt davon ab, welche Aufgaben der Staat den berufsständischen Körperschaften hoheitlich übertragen hat. Dies ist meist in Bundes- oder Landesgesetzen geregelt.

Beispiele für in Deutschland existierende berufsständische Körperschaften

In Deutschland existieren Kammern vor allem für freie Berufe, das Gewerbe, das Handwerk und die Landwirtschaft. Beispiele für berufsständische Körperschaften der freien Berufe sind:

·       Ärztekammern (18 in Deutschland)

·       Kammern für weitere Heilberufe (Apothekerkammer, Tierärztekammer, Zahnärztekammer oder Psychotherapeutenkammer)

·       Rechtsanwaltskammern (28 in Deutschland)

·       Notarkammern (22 in Deutschland)

·       Steuerberaterkammern (21 in Deutschland)

·       Wirtschaftsprüferkammern (eine Kammer für ganz Deutschland)

Im Bereich des Gewerbes und des Handwerks existieren beispielsweise folgende Kammern:

·       Industrie- und Handelskammern (bzw. in Hamburg und Bremen nur Handelskammer genannt; 79 in Deutschland)

·       Handwerkskammern (53 in Deutschland)

Weitere Beispiele für berufsständische Körperschaften sind:

·       Landwirtschaftskammern (z.B. in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein)

·       Arbeitnehmerkammern (im Saarland und in Bayern)

·       Pflegekammern (nur in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen; Pflegekammern in Niedersachen - 2017 bis 2021 - und Schleswig-Holstein - 2018 bis 2021 - wurden aufgelöst)

Während einige Kammern bundesweit oder landesweit - also im Bereich eines Bundeslandes - organisiert sind, gibt es auch regionale Organisationen (IHK/Handelskammer) oder im Bereich staatlicher Organisationsbereiche (Bereich der Oberlandesgerichtsbezirke bei den Rechtsanwaltskammern).

 

Ist die Mitgliedschaft in einer Kammer Pflicht?

Bei der Pflichtmitgliedschaft gibt es drei unterschiedliche Modelle:

·       entweder wird man Pflichtmitglied in einer berufsständischen Körperschaft, weil man bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt;

·       die zweite Variante ist die Pflichtmitgliedschaft, weil man zu einem bestimmten Beruf durch die Kammer zugelassen ist;

·       die dritte Variante ist, dass man einen bestimmten Beruf ergreifen will und eine Zulassung zu diesem Beruf notwendig ist. Diese Zulassung ist bei der entsprechenden Kammer zu beantragen, die eine Pflichtmitgliedschaft in der entsprechenden Kammer mit sich bringt.

Wer ein Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen hat, kann die Approbation als Arzt beantragen. Diese wird bei der zuständigen Behörde beantragt und von dieser erteilt. Wer die Approbation erhalten hat, ist aufgrund eines Landesgesetzes, in Niedersachsen z.B. § 2 Niedersächsisches Kammergesetz für die Heilberufe - HKG, Pflichtmitglied der zuständigen Ärztekammer (vgl. § 1 Abs. 1 HKG - Ärztekammer, Apothekerkammer, Tierärztekammer, Zahnärztekammer oder Psychotherapeutenkammer). Entsprechendes gilt für Notare, die mit der staatlichen Bestellung zum Notar Pflichtmitglied der Notarkammer werden (§ 65 Bundesnotarordnung - BNotO).

Wer zwei juristische Staatsexamina abgelegt hat, kann, muss aber nicht als Rechtsanwalt arbeiten. Wer Rechtsanwalt werden will, muss dies bei der Rechtsanwaltskammer beantragen, in deren Bereich er seine Tätigkeit aufnehmen will. Die Rechtsanwaltskammer regelt und erteilt die Zulassung. Als zugelassener Rechtsanwalt ist man dann kraft Gesetzes Pflichtmitglied der jeweiligen Rechtsanwaltskammer. Mitglieder der Rechtsanwaltskammer sind nach § 60 Abs. 2 Nr. 1 BRAO alle Rechtsanwälte, die von der Rechtsanwaltskammer zugelassen worden sind.

Pflichtmitglied einer Industrie- und Handelskammer oder einer Handwerkskammer wird man, wenn man bestimmte Voraussetzungen erfüllt und ein Gewerbe angemeldet hat. Ein Gewerbebetrieb wird Pflichtmitglied der IHK, wenn er nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG - im Bezirk der jeweiligen IHK zur Gewerbesteuer veranlagt wird. Mitglieder der IHK können natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts sein. Auch Handwerksbetriebe können Pflichtmitglieder der IHK sein, wenn sie nichthandwerkliche oder nichthandwerksähnliche Betriebsteile unterhalten (§ 2 Abs. 3 IHKG).

Pflichtmitglied der Handwerkskammer wird man, wenn man einen Handwerksbetrieb eröffnet oder einen solchen Beruf ausübt. Dabei existieren gem. § 90 Abs. 3 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks – HwO:

·       zulassungspflichtige Handwerke, bei denen die Meisterpflicht besteht

·       zulassungsfreie Handwerksberufe ohne Meisterpflicht

·       sowie das handwerksähnliche Gewerbe

Allein aufgrund der Ausübung eines solchen Handwerks, wird man gem. § 90 Abs. 3 HwO als Inhaber eines Handwerksbetriebs, Geselle, Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und als Lehrling dieser Gewerbetreibenden zur Handwerkskammer.

 

Wer zahlt Beiträge bei den Kammern?

Die Kosten, die durch die Tätigkeit der Berufskammern entstehen, werden in der Regel von den Mitgliedern getragen. Dies kann z. B. auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung möglich sein. Bei einigen Kammern ist die Erhebung von Beiträgen jedoch nur auf der Grundlage von Satzungen oder Beitragsordnungen ohne gesetzliche Grundlage möglich.

 

Warum muss ich an die IHK zahlen?

Damit die berufsständischen Kammern gebildet werden und ihre Aufgaben erfüllen können, müssen sie finanziert werden. Zu diesem Zweck erheben die Kammern von ihren Mitgliedern Grundbeiträge, Umlagen und ggf. sonstige Beiträge. Diese Beitragspflicht ist entweder in den Satzungen der Kammern geregelt oder gesetzlich vorgeschrieben.

 

Welche gesetzliche Grundlage haben Pflichtbeiträge bei der IHK und der Handwerkskammer?

Im Bereich der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern, existieren folgende gesetzliche Grundlagen für die Erhebung von Pflichtbeiträgen:

·       § 3 Abs. 3 Satz 1 IHKG schreibt vor, dass die IHK von ihren Mitgliedern Grundbeiträge und Umlagen erheben darf.

·       Die Handwerkskammer wird nach § 113 Abs. 1 HwO u.a. von den Beiträgen der Mitglieder getragen. Gem. § 113 Abs. 2 Satz 1 HwO dürfen die Handwerkskammern als Beiträge auch Grundbeiträge, Zusatzbeiträge und außerdem Sonderbeiträge erheben.

Auch im Bereich z.B. der Heilberufskammern gibt es gesetzliche Grundlagen für die Erhebung von Pflichtbeiträgen. Beispielsweise regelt § 8 Abs. 1 HKG Niedersachsen, dass die niedersächsischen Kammern für Heilberufe (z.B. die Ärztekammer) anhand einer Beitragsordnung Beiträge von den Mitgliedern erheben darf.

In den gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung von Gebühren und Beiträgen der jeweiligen berufsständischen Körperschaften wird zumeist die Möglichkeit der Staffelung nach Leistungsfähigkeit der Mitglieder geboten (z.B. § 113 Abs. 2 Satz 2 HwO - Handwerkskammern, § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG - Industrie- und Handelskammern).

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